«Theater auf dünnem Eis»

Woher die kleinen Kinder kommen

Ein Männerprojekt im Selbstversuch

In ihrer neusten Arbeit fragt sich die freie Zürcher Gruppe kraut_produktion um den Regisseur Michel Schröder: Was ist vom Mann eigentlich übrig geblieben, seit pubertierende Jungs lernen mussten, sich zum Pinkeln hinzusetzen. Wozu ist Mann ein Mann, abgesehen von seiner biologischen Funktion, versteht sich. Und, darf er über solche Fragen überhaupt laut nachdenken? Neue Männer braucht das Land! Und was ist mit den alten?

Den Status quo dieser abgehalfterten Spezies verhandeln hier wilde Theater-Hunde, und vor ihnen wird gewarnt: Vier Darsteller und eine Darstellerin, ein Männerbild mit Dame, wagen eine Performance im ungesicherten Raum. Schräg ist das und absurd, experimentell und leidenschaftlich, es ist höherer Blödsinn und Selbstironie mit tieferer Bedeutung. Das ist Theater auf dünnem Eis. In der Regie von Michel Schröder wird geflunkert und gesampelt was das Zeug hält, was die Männerforschung hergibt und die Feminismus-Debatte übrig gelassen hat; Alice Schwarzer wird zu Worte kommen und Esther Vilar. Alpha-Softies haben ihren Auftritt und suchen das gemeinsame Lagerfeuer, der dressierte Mann geht an der Leine und bei Fuss. Irgendwann aber schlägt die Stunde – und der neue Mann gebärt sich selbst. Wie? Und, ob das gut geht? Fest steht einzig: Diese Arbeit potenziert sämtliche Mittel des freien Theaters zu einer Bühnenfantasie, die alles unternimmt, um nicht mehrheitsfähig zu sein.

Daniele Muscionico